Home Office - Heimarbeit 2.0 oder mehr?

Home-Office. In unserer Region kennt man Heimarbeit seit dem 18. Jahrhundert. Home-Office als Folge von COVID-19 ist speziell, herausfordernd, glückbringend, einzigartig und vielleicht sogar zukunftsweisend.

Home-Office - ein neudeutscher Begriff. Wussten Sie, dass es diese Wortkombination so in der englischen Sprache gar nicht gibt? Unsere angelsächsischen KollegInnen von WiseTech in Sydney nennen es Work From Home (WFH), also eben Heimarbeit.

Heimarbeit kennt man im Baselbiet, wo sich mein Home und -Office befindet, bereits seit Beginn des 18. Jahrhunderts. Die Posamenterei oder «Sydebändel»-Herstellung in Heimarbeit stand am Beginn der Industrialisierung des Landkantons Baselland. Noch Anfang des 20. Jahrhundert standen mehr als 1'200 Webstühle in Baselbieter Bauernstuben und sicherten den Landwirten ein Zusatzeinkommen. Mitte des 19. Jahrhunderts entstand daraus die chemische Industrie in Basel (zuerst zur Färbung der Seidenbänder!). Doch nun zum Einblick in eine meiner Home-Office Wochen.

Ein Montag im April 2020:

Na ja, mein Montag ist wie gewohnt ein Meeting-Tag: 8.30 Uhr Skype-Besprechung mit Jacqueline Birchler; 9.00 Uhr virtuelle Skype-Kaffeepause mit dem Verkaufsteam, in welcher Stefan Spörri von seinem Hilfseinsatz berichtet, für welchen er die von SISA zur Verfügung gestellte Zeit für Corona Nachbarschaftshilfe genutzt hat, um Einkäufe für Bewohner eines Altersheims vorzunehmen (lesen Sie auch dazu seine Home Story); 9.30 Uhr wöchentliches Skype Management Meeting; 11.00 Uhr Skype Meeting Declare-it mit Jürg Zellmeyer; 14.00 Uhr Skype Meeting SISA Corona Taskforce – keine neuen Massnahmen, kein SISA Mitarbeitender vom Virus betroffen (dies ist glückicherweise bis heute noch so); 16.00 Uhr Kurzbesprechung per Skype wegen einer eskalierenden Mitarbeitersituation - ja auch Home Office birgt zwischenmenschliches Konfliktpotenzial; 16.00 Uhr und 17.00 Uhr weitere Skype Besprechungen. Dann wollte ich doch an diesem Montag auch noch etwas arbeiten, das packe ich nun endlich an.

Eigentlich ein ganz normaler Arbeitstag. So wie es schon unsere jüngere Tochter Andrea nach einem Tag, den Sie mit 14 Jahren einmal bei mir im Büro verbrachte, zu meiner Frau Evelyn sagte: «Papi arbeitet eigentlich gar nicht richtig. Er ist den ganzen Tag nur in Sitzungen und am Telefon…». Deshalb erspare ich Ihnen nun gerne weitere Details zu meiner weiteren «Arbeitswoche».

Dafür einige Gedanken zu Home-Office. Ist dies ausschliesslich die Verlagerung der Arbeit nach Hause mit gleichzeitigem Versuch die sozialen Kontakte aufrecht zu erhalten? Oder ist dies DER neue Weg mit viel Potenzial (auch nach Corona)? Ich weiss es nicht, doch schauen wir nochmal zurück auf die Posamenter. Aus der Basler Chemie entwickelte sich später die Pharmaindustrie. Heute heisst diese «Life Science» (schon wieder etwas Neudeutsches) und ist der grösste Wertschöpfungsfaktor in der Region Nordwestschweiz.

Von Heimarbeit zu Life Science - ist die starke Ausprägung von Home-Office als Folge von COVID-19 doch ein Meilenstein auf dem Weg in eine neue Arbeitswelt und Gesellschaft? Nun, meine Frau sieht mich während Home-Office wesentlich öfter als früher – und ja, wir sind trotzdem noch zusammen (ein grosses Dankeschön an Evelyn). Die kurzen Mittagessen geniessen wir oft an der Sonne auf unserem Gartensitzplatz. Die Kirschblütenzeit vor unserer Haustür habe ich noch nie so intensiv erleben dürfen wie 2020. Auch unser Kaninchen Timmy geniesst den Frühling sowie die Pferde des nahen Bauernhofs - wenigstens ihm ist Home-Office egal. Und ja, es fühlt sich isoliert an, meine 94-jährige Mutter nur noch selten zu sehen (sie hält nichts von Skype), unsere Töchter Andrea und Dominique kaum mehr zu treffen. Sie haben sich aufgrund des «nicht-richtig-arbeitenden Papas» entschieden, etwas Richtiges zu lernen. So kann sich Dominique als Apothekerin/Pharmazeutin dank COVID-19 aktuell nicht über Arbeit beklagen und Andrea schliesst ihr Masterstudium gerade mit Home-Learning ab. Eine neue Art sich weiterzubilden.

Und dann resultiert aus Corona meine gerade etwas wilde Haarfrisur – aber da sollten Sie erst mal diejenige von Frau Müller bei uns im Dorf sehen ;-)! Auch deshalb freue ich mich darauf, dass schon bald wieder mehr Nähe (auch zum Coiffeur) möglich sein wird.

Und dann wieder mehr Nähe erleben mit unseren Nächsten (was für eine neue sinnvolle Logik), mit unseren Mitarbeitenden, mit Ihnen als Kunden. Dies in einer Gesellschaft, die sich gerade ein wenig neu ausrichtet.

Es muss ja nicht gleich eine neue Pharmaindustrie sein. Gegenseitige Unterstützung und Hilfsbereitschaft mit und dank Home-Office und dem gezielten Einsatz von IT-Hilfsmitteln, das ist doch auch schon mal etwas!

Ich freue mich darauf, wünsche Ihnen weiterhin gute Gesundheit und beste Grüsse aus meinem baselbieter Home-Office!

PS: Mehr über die Posamenter erfahren Sie im Kantonsmuseum Baselland in Liestal Museum.

Autor: Roland Schumacher
Funktion: Managing Director
Datum: 24.04.2020

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