Effiziente Zollabwicklung im E-Commerce

Ausländische E-Shops müssen ab 1.1.2019 auch für Kleinsendungen MWST bezahlen. Dies hat Auswirkungen auf den Schweizer Handel, Logistikdienstleister und die Zollabwicklung. Diese Herausforderung bietet die Chance, Supply Chains weiter zu optimieren.

Mit den kürzlich beschlossenen Änderungen im Schweizer MWST-Gesetz werden ab 1.1.2019 alle ausländischen Händler ab einem Jahresumsatz von CHF 100‘000.00 im Schweizer B2C-Markt MWST-pflichtig. Konkret bedeutet dies die Aufhebung von Einfuhrsteuer-befreiten Sendungen mit Steuerabgaben unter CHF 5.00.

Dadurch wird die Benachteiligung von national tätigen Schweizer Händlern beseitigt. Spezialisierte E-Commerce- und Versandhandelsplattformen wie Amazon, Alibaba usw. verlieren dadurch ihren MwSt.-Vorteil, den sie teilweise gezielt ausgenutzt haben. Die eidgenössischen Steuer- und Zollverwaltungen versprechen sich dadurch mehr Steuertransparenz und –einnahmen. Die Änderungen werden Auswirkungen auf Verkaufspreise, Rechnungsstellung, Logistik und natürlich auch die Zollabwicklung für die grenzüberschreitend ausgelieferten Waren haben.

Bereits heute wird die Logistik und die Zollabwicklung nicht von den Onlinehändlern selbst, sondern von Logistik- und Verzollungsdienstleistern (LDL und VDL) vorgenommen. Damit die hohen Volumen steuergerecht, d.h. abgabenfrei bei potenziellen MwSt.-Abgaben von unter CHF 5.00, abgewickelt werden konnten, mussten diese B2C-Lieferungen einzeln verzollt werden. Dadurch entstanden höhere Zusatzkosten für die Zollabwicklung und das Logistikhandling.

Mit der neuen Regelung ab 1.1.2019 müssen E-Commerce-Anbieter nun prüfen, ob sie die Zoll- und damit auch die Steueranmeldungen weiterhin auf der Ebene von Einzelsendungen oder als Sammelsendungen, z.B. ganzen Lkw-Ladungen, vornehmen (lassen) wollen. Entsprechend müssen die Daten aufbereitet und dem Verzollungspartner zeitgerecht bereitgestellt werden.

Diese Umstellung, welche den bereits stark digitalisierten B2C-Markt noch stärker an die korrekte Schweizer Zollabwicklung bindet, wird direkte Auswirkungen auf die IT- und Systemintegration der Unternehmen haben. Spannend ist, dass heute ausser der Post und den KEP-Anbietern (Kurier-, Express- und Paket) erst relativ wenige Logistikdienstleister bewusst in dieses Marktsegment investiert haben, um die eigene Digitalisierung der Zollabwicklung stärker voranzubringen.

Damit dieser sehr hochvolumige Markt erfolgreich bearbeitet werden kann, muss der Verzollungsdienstleister verschiedene IT- und Zoll-spezifische Voraussetzungen erfüllen:

  • Integration der E-Commerce Shops (eShop) mit den eigenen Logistik- und Zollsystemen
  • Ergänzen der oft mangelhaften Daten der B2C-Plattform für die Schweizer Zollabwicklung (e-dec Import)
  • Weitgehend automatisierte Zollanmeldung an das e-dec System
  • Bereitstellung der Steuer- und allfälligen Zollabgaben an den eShop
  • Professionelle und effiziente Bearbeitung von Retouren (Re-Exporte)
  • Nutzung des vereinfachten Verfahrens für Re-Exporte mit integrierten IT-Systemen
  • Abholung, Kontrolle, Weiterleitung der eVV Import (elektronische Zollquittung) an den Importeur (Empfänger) oder den eShop

Alle diese Vorgänge sind schon seit Jahren möglich. Sie sind von den eidg. Zoll- und Steuerverwaltungen in Zusammenarbeit mit Software-Anbietern auch systemgestützt verfügbar. Trotzdem wurden diese Verfahren und Digitalisierungskomponenten von einigen Exponenten aus Industrie und Logistik immer wieder als kompliziert oder gar behindernd bezeichnet. Insbesondere die Umstellung auf die elektronische Import Veranlagungsverfügung eVV, welche seit 1.3.2018 in Kraft ist, wurde eher selten als Chance, sondern als Zwang gesehen.

Die Konsequenzen dieser Neuerungen für die Zusammenarbeit zwischen E-Commerce Anbietern sowie Logistik- und Verzollungsdienstleistern liegen auf der Hand. Ein Dienstleister in diesem Marktsegment muss hocheffizient sein, sehr schnell reagieren können und gleichzeitig mit einer hohen Qualität arbeiten. Die Volumensteigerungen und –schwankungen sind sehr hoch. Die Mengenabweichungen an Spitzentagen sind kaum berechenbar. So kann es durchaus sein, dass an einem einzelnen Tag plötzlich das Zehn- bis Zwanzigfache eines normalen Tagesvolumens anfällt. Dies bedeutet, dass die Automatisierung und die Integration der verschiedenen IT-Systeme sehr hoch sein müssen. Zudem sind auch die Nachweisbarkeit aller vorgenommenen Transaktionen sowie Business Intelligence Tools für Auswertung und Analyse der angefallenen Daten (Big Data) wichtige Anforderungen.

Spannend wird sein, wie nun die eVVs, welche die betraglich korrekte Abwicklung bezüglich Steuer und Zollabgaben ausweisen, vom eShop-Anbieter behandelt werden. Abgabepflichtig ist ja der Importeur oder Empfänger, der die eVV aus Nachweisgründen auch abholen und rechtskonform archivieren muss. Erst wenige Verzollungsdienstleister bieten die Möglichkeit, die eVV durchgängig und transparent für die abgabepflichtigen Parteien online bereitzustellen und entsprechend digital zu archivieren. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die meisten Software- und webbasierten Lösungen diese Möglichkeiten noch gar nicht bieten. Deshalb gilt es, dies mit dem bestehenden Zoll IT-Anbieter zu klären oder entsprechend ganzheitliche Systeme zu beschaffen.

Diese Anforderungen bezüglich Systemintegrationen, Transparenz und hoher Geschwindigkeit bei der Abfertigung sowie Bereitstellung und Online-Zugriff zu allen eVVs positionieren den Verzollungsdienstleister neu. Konkret heisst dies, dass der eShop-Kunde zum Zeitpunkt der Bestellung alle Steuer- und Zollabgaben transparent sieht und nach dem Warenempfang die entsprechenden rechtsrelevanten Dokumente online im Zugriff hat.

Der Dienstleister ermöglicht damit seinen E-Commerce Kunden ein transparentes Supply-Chain-Management, inkl. Schweizer Zollabwicklung, sowie Rechtssicherheit bei der Abwicklung und verschafft dem e-Shop-Kunden einen Zusatznutzen.

Autor: Roland Schumacher, CEO, SISA Studio Informatica S.A.
Quelle: Handelszeitung Nr. 23 / 2018